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Unter den Borsten des Hörnchens - Ein Blick auf den Kernel

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Afrikanische Borstenhörnchen werden schnell erwachsen, dieses hat es in einem halben Jahr geschafft. Und da es fünf Jahre gesund und stark bleiben soll, muss sich ein starker Kern unter den namengebenden Borsten befinden. Es lohnt sich also, einen Blick auf den Kernel zu werfen.

Der hinterlistige Werwolf kam mit Linux 4.2 im Inneren daher, das kleine Borstenhörnchen macht einen Sprung über zwei Versionen zu Linux 4.4. Das ist nicht die aktuellste Version, aber sie ist schon ein wenig abgehangen und sie erfährt ebenso wie die neue Ubuntu-Version Langzeit-Unterstützung.

Klassischerweise spielen sich die Neuerungen am Linux-Kernel weit unter der Oberfläche ab. Doch die Auswirkungen einiger davon sind auch für den Anwender direkt spürbar, auch wenn es sich im ersten Moment nicht so anhört. Wer in der Vergangenheit schon mal unbedacht – oder vielleicht mit leichtem Groll gegenüber seinem System – den Shell-Code in eine Kommandozeile tropfen ließ, den man hinter dem Suchbegriff „Fork Bomb“ findet, könnte in Zukunft enttäuscht werden. Denn Änderungen an den Control Groups (cgroups), mit denen die Zuweisung von Systemressourcen gesteuert werden können, sind nun auch in der Lage, das unkontrollierte Verzweigen in neue Prozesse zu begrenzen. Wer gewohnt ist, dass eine Fork Bomb das System schlagartig zum Erliegen bringt, wird sich künftig einem System gegenüber sehen, das vielleicht nicht mehr hochperformant, aber immerhin noch reaktionsfähig ist.

Weniger ins Gewicht fällt dagegen für Ubuntu-Nutzer, dass IPv6 seit Linux 4.3 in der Standard-Konfiguration aktiv ist. Der Grund liegt darin, dass Ubuntu, wie die meisten Linux-Distributionen, schon seit Jahren IPv6 unterstützt. Hier steuerten die Linux-Entwickler einer längst gesetzten Realität nach, was nichtsdestotrotz ein deutliches Signal ist: IPv6 ist in der Linux-Welt offiziell angekommen.

Aktualisierungen an den Grafiktreibern kommen unter anderem Nutzern zugute, die bereits einen Prozessor mit Intels Skylake-Architektur ihr Eigen nennen, da deren Grafik-Komponente von Xenial von Haus aus unterstützt wird. Der freie Nouveau-Treiber kann nun Nvidia-Grafikchips der Geforce 200 Serie besser ansteuern und mehr 3D-Leistung herauskitzeln – Voraussetzung ist allerdings, dass man eine der teils 8 Jahre alten Grafikkarten besitzt. Etwas aktueller sind die R9-Grafikprozessoren sowie die Fiji-Architektur des Konkurrenten AMD/ATI. Beide werden nun von AMDGPU-Treiber unterstützt, dem Gegenstück zu Nouveau.

Richtig große Neuerungen finden sich im Xenial-Kernel nicht. Für eine LTS-Version ist das aber nicht einmal gewünscht, erprobte Funktionen und wenig Überraschungen sind hier wichtiger. Dennoch finden sich weit unter der Oberfläche noch einige Verbesserungen, die hinter den Kulissen die Sicherheit oder Leistungsfähigkeit erhöhen können. Die neue Funktion strscpy() sei hier erwähnt, sie macht es Entwicklern künftig einfacher, Zeichenketten im Speicher herumzukopieren und dabei sicher zu sein, dass auch alles sauber kopiert wurde. Eine Fehlerbehandlung fällt hiermit also einfacher aus.

Ebenso kann Xenial Xerus dank LightNVM 🇬🇧 nun mit Open-Channel-SSDs umgehen. Diese speziellen Speicher verfügen über keinen eigenen Speicher-Controller, sodass das Betriebssystem diese Aufgabe übernehmen muss, was nun auch unter Linux möglich ist. Diese Art der Steuerung der Ansteuerung des Datenträgers ermöglicht neue Konzepte in der Speichernutzung und bringt damit viel Potential in Bezug auf die Optimierung von Leistung und Haltbarkeit mit.

Mit diesen Neuerungen trat das gastfreundliche Borstenhörnchen vergangene Woche an, um die nächsten fünf Jahre lang seinen Dienst zu verrichten. Sein Herz jedenfalls scheint dafür gerüstet zu sein.

Quellen


Der Artikel wurde von mfm verfasst.