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[Kwami] Ubuntu Advantage

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Ubuntu Advantage ist ein kostenpflichtiges Serviceangebot der Firma Canonical für Ubuntu. Ich habe mich im Rahmen eines Evaluierungsprojekts mit diesem Dienst beschäftigt und möchte ihn euch in diesem Artikel kurz vorstellen.

Hinweis:

Dieser Artikel gehört der Kategorie Kwami an. Er spiegelt damit allein die Meinung des Autors und nicht zwingend die des ubuntuusers.de-Teams wider.

Ubuntu ist ein von Canonical 🇬🇧 herausgegebenes Betriebssystem, welches kostenlos heruntergeladen und genutzt werden darf. Ubuntu Advantage ist ein Servicepaket für Ubuntu, welches ebenfalls von der Firma Canonical angeboten wird. Es steht für Desktop-Rechner, Server und Clouds zur Verfügung. Im Gegensatz zu Ubuntu selbst ist dieses Servicepaket jedoch kostenpflichtig. Der Zugriff darauf wird in Form verschiedener Abonnements angeboten, auf welche ich weiter unten noch eingehen werde.

Ubuntu Advantage richtet sich in erster Linie an Unternehmenskunden. Diese haben häufig die Aufgabe eine große Anzahl an Systemen zu verwalten. Gleichzeitig fehlt es meist am Personal und/oder der Zeit, die hierfür notwendigen Werkzeuge selbst zu entwickeln.

Mit Ubuntu Advantage werden dem Kunden Werkzeuge zur Verfügung gestellt, welche die Verwaltung von Ubuntu-Systemen vereinfachen und zentralisieren sollen. Damit soll vorhandenes Personal in die Lage versetzt werden, vorhandene Systeme effizienter bzw. mit der gleichen Personalstärke noch mehr Systeme verwalten zu können.

Der Umfang von Ubuntu Advantage

Ubuntu Advantage umfasst im Wesentlichen die folgenden Programme:

  • Das Systemverwaltungsprogramm Landscape, welches Werkzeuge für die Verwaltung und Überwachung physischer und virtueller Maschinen bietet. Egal, ob sich diese im eigenen Rechenzentrum oder in der Cloud befinden.

  • Ein Supportprogramm, welches schnelle Lösungen bei allen Problemen mit Ubuntu verspricht.

    • Eine Wissensdatenbank, welche einen direkten und exklusiven Zugang zu allem bieten soll, was man als Kunde für den Betrieb von Ubuntu wissen muss.

  • Ein Rechtsschutzprogramm zum Schutz vor Ansprüchen aus Schutzrechtsverletzungen.

Diese vier Programme möchte ich euch im Folgenden vorstellen und kurz bewerten.

Landscape

Landscape bietet eine Webkonsole, welche Werkzeuge für die automatische Verwaltung, Überwachung und Bereitstellung von Paketen auf mehreren Ubuntu-Rechnern zur Verfügung stellt.

Auf jedem verwalteten Ubuntu-Rechner wird ein Landscape-Client ausgeführt, welcher die Verbindung zur Webkonsole aufrecht erhält. Dieser tauscht mit der Webkonsole Informationen über Pakete und Betriebsparameter aus.

Die Webkonsole selbst wird in der Cloud gehostet. Wer dies nicht wünscht, kann den Landscape-Server optional auch im eigenen Rechenzentrum betreiben. Für diese Option wird jedoch eine zusätzliche Gebühr fällig, welche wie die Abo-Gebühren jährlich zu entrichten ist.

Paketverwaltung

Mit Landscape können alle Aktionen der Paketverwaltung auf beliebig vielen Ubuntu-Systemen ausgeführt werden. Verwaltete Systeme können dabei nach Belieben in Gruppen aufgeteilt werden. Benutzerrechte können so granular delegiert werden, dass Administratoren nur über die Rechte verfügen, die zur Administration der jeweiligen Gruppe erforderlich sind.

Die Installation von Updates kann terminiert werden, so dass diese automatisch während eines definierten Wartungsfensters installiert werden können. Zudem können eigene Paketquellen verwaltet und allen, einzelnen Gruppen oder einzelnen Systemen zur Verfügung gestellt werden. So kann ebenfalls gesteuert werden, auf welche Pakete Administratoren Zugriff haben.

Systemüberwachung

Mit Hilfe der Systemüberwachung soll der Administrator einen zentralen Blick auf die Systeminformationen der angeschlossenen Systeme erhalten. So können unter anderem Hardwarebestand, Paketinformationen und Logdateien an einer zentralen Stelle geprüft werden und man muss nicht von System zu System hüpfen, um an diese Informationen zu kommen.

So ist zum Beispiel auf einen Blick ersichtlich, auf welchen Systemen noch Updates zur Installation verfügbar sind. Detailreiche Verlaufsprotokolle zeichnen die Aktionen aller Administratoren auf. Damit soll zu jedem Zeitpunkt nachprüfbar sein, wer wann was auf den Systemen getan hat.

Automatisierung und zentrale Verwaltung

Routinearbeiten wie

  • das Starten und Stoppen von Diensten,

  • Datensicherung und

  • das Erstellen von Hardwareprofilen

kann mit eigenen Skripten automatisiert werden.

Die Webkonsole ermöglicht die Steuerung von Ubuntu-Systemen unabhängig davon, ob sich diese im eigenen Rechenzentrum und/oder in einer Cloud-Umgebung befinden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Systeme sich mit der Webkonsole verbinden können. Befindet sich ein Ubuntu-System z.B. in einem abgeschotteten Netzwerk, ist ein Zugriff auf die Webkonsole in bestimmten Fällen schwierig bis hin zu unmöglich.

Kritik und Alternativen

Mit Landscape bekommt der Administrator einen Werkzeugkasten an die Hand, welcher ihm die Arbeit mit Ubuntu deutlich einfacher machen kann. Dass Landscape dabei in der Cloud betrieben wird, kann – je nach Anforderungsprofil – sowohl von Vorteil als auch von Nachteil sein.

Durch eine zentrale Bereitstellung in der Cloud können prinzipiell weltweit verteilte Systeme mit geringem Aufwand an den Dienst angeschlossen werden. Denn schließlich hat heute fast jedes System in irgendeiner Form Zugriff auf das Internet. Für diesen Komfort gibt man jedoch die Gewalt über die dabei anfallenden Daten aus der Hand. Diese werden direkt auf Servern von Canonical gespeichert und verarbeitet, womit für den Kunden ein Kontrollverlust einhergeht.

Ob man Canonical vertraut und sensible Daten über die eigene IT-Infrastruktur in die Hände dieses Unternehmens legen möchte, muss am Ende jeder selbst entscheiden. Für Organisationen, welche die strengen Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes erfüllen wollen oder müssen, scheidet die Nutzung des gehosteten Dienstes in aller Regel aus.

Canonical bietet, wie oben bereits erwähnt, eine optionale On-Premis-Lösung an. Für diese muss pro Jahr eine erhebliche Zusatzgebühr, zusätzlich zur Abo-Gebühr, entrichtet werden. Die Höhe dieser Gebühr möchte ich hier nicht nennen, da sie mir nur in Form eines individuellen Angebots vorliegt und ich keine allgemein zugänglichen Listenpreise im Internet gefunden habe.

Landscape ist auf Ubuntu fokussiert. Hat man eine homogene Ubuntu-Umgebung, ist dies kein Problem. Betreibt man jedoch eine heterogene IT-Landschaft mit verschiedenen Linux-Distributionen, deckt man mit Landscape nur eine Teilmenge seiner Systeme ab.

Für heterogene Umgebungen stellen daher Puppet, Chef, Salt oder Ansible bessere Alternativen da. Ansible hat dabei noch das Alleinstellungsmerkmal, dass es keinen Agenten auf dem zu verwaltenden System erfordert.

Das Supportprogramm

Das Supportprogramm bietet einen Kommunikationskanal zum Support und den Distributions-Technikern von Canonical.

Das Programm umfasst Support für alle Pakete aus main und jene aus universe, welche Canonical gehören. Dabei unterstützt der Support bei komplexen Konfigurationen wie z.B. der Konfiguration von Clustern, Hochverfügbarkeits-Failover und Virtualisierung von Ubuntu-Servern und -Desktops.

Welches Service-Level-Agreement geboten wird hängt von dem abgeschlossenen Abonnement ab. Dieses steht in den drei Geschmacksrichtungen Essential, Standard und Advanced zur Verfügung. Auf die Details der einzelnen Abonnements gehe ich weiter unten noch ein.

Wissensdatenbank

Neben den direkten Ansprechpartnern im Support erhält man als Kunde ebenfalls Zugriff auf eine Wissensdatenbank. Diese enthält nach Angaben von Canonical von Technikern verfasste, technische Artikel. Diese sollen helfen häufig auftretende Probleme selbst lösen zu können, ohne den Support kontaktieren zu müssen.

Kritik am Supportprogramm

Mir persönlich gefällt es nicht, dass der Zugriff auf eine Wissensdatenbank an einem gültigen Abonnement hängt. Der Zugang zu Wissen wird damit in meinen Augen unnötig eingeschränkt.

Leider ist Canonical mit dieser Philosophie nicht allein unterwegs. Auch bei Red Hat ist ein großer Teil der technischen Artikel zur Distribution nur mit einem gültigen Red-Hat-Account zugänglich.

Ob dies wirklich nötig ist, mag ich nicht abschließend beurteilen. Ich persönlich würde mir hier mehr Freiheit beim Zugriff auf die Inhalte wünschen. Das es auch anders geht, zeigen Hersteller wie z.B. VMware, die ihre Knowlegde Base frei zugänglich zur Verfügung stellen.

Das Rechtsschutzprogramm

Hierbei handelt es sich um eine Art Rechtsschutzversicherung, welche das Unternehmen, welches Ubuntu einsetzt, vor Ansprüchen aus Schutzverletzungen absichert.

Darüber hinaus verpflichtet sich Canonical dazu, im Fall der Verletzung von Eigentumsrechten Dritter, die betroffenen Teile von Ubuntu auszutauschen oder so abzuändern, dass keine Schutzrechtsverletzung mehr besteht.

Canonical tritt damit rechtlich für den Kunden ein und kommt für die Rechtskosten auf.

Bedenkt man die Klage- und Prozesswellen, mit denen die Firma SCO die Linuxwelt überzogen hat, so schafft dieses Programm die nötige Rechtssicherheit für Unternehmen, die Linux im kommerziellen Umfeld einsetzen möchten.

Die gute Nachricht für alle Unternehmen, die eine andere Distribution als Ubuntu einsetzen: Ein solches Rechtsschutzprogramm ist auch in den Subskriptionen für Red Hat und SUSE enthalten.

Abo-Varianten

Um Ubuntu Advantage verwenden zu können, ist der Abschluss eines Abonnements notwendig. Dieses gibt es – wie bereits genannt – in den Varianten Essential, Standard und Advanced. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über verschiedene Merkmale, welche die einzelnen Varianten für Server umfassen:

Merkmal Essential Standard Advanced
Systemverwaltungsprogramm Landscape
Paketverwaltung Ja Ja Ja
Aufgabenautomatisierung Ja Ja Ja
Systemüberwachung Ja Ja Ja
Rechtsschutzprogramm
Ubuntu Assurance Ja Ja Ja
Wissensprogramm
Online-Datenbank Ja Ja Ja
Supportprogramm
Installation
● Hardwareeinrichtung Ja Ja Ja
● Paket- und Aufgabenauswahl Ja Ja Ja
● Netzwerkinfrastrukturserver Ja Ja Ja
● Einbindung in Windows - Ja Ja
● Automatische und Netzwerk-Installation - Ja Ja
Anwendungen
● Dateiserver Ja Ja Ja
● Webserver Ja Ja Ja
● Netzwerkserver Ja Ja Ja
● Enterprise Java - Ja Ja
● Virtualisierung - Ja Ja
Systemadministration
● Kernel-Support Ja Ja Ja
● Konfiguration der Firewall Ja Ja Ja
● Updates und Upgrades Ja Ja Ja
● Einsatz von Paket-Tools Ja Ja Ja
● Serversicherheit - Ja Ja
● Clustering - Ja Ja
● Einrichten von Paketverzeichnissen - Ja Ja

Service-Level-Agreements

In den Service-Level-Agreements (SLA) werden Supportzeiten, Zugang zum Support und Reaktionszeiten definiert. Für Server gelten folgende Bedingungen:

Server-SLA Essential Standard Advanced
Supportzeiten ortsübliche Geschäftszeiten ortsübliche Geschäftszeiten rund um die Uhr
Anzahl Supportfälle unbegrenzt unbegrenzt unbegrenzt
Supportkanäle Telefon und Internet Telefon und Internet Telefon und Internet
Anzahl Ansprechpartner 1 2 3
Reaktionszeit
Schweregrad 1 4 Stunden 2 Stunden 1 Stunde
Schweregrad 2 1 Werktag 4 Stunden 4 Stunden
Schweregrad 3 2 Werktage 1 Werktag 4 Stunden
Schweregrad 4 4 Werktage 2 Werktage 1 Werktag

In der Tabelle oben wird die Anzahl der Ansprechpartner genannt. Damit ist die Anzahl der Personen auf Kundenseite gemeint, die Supportanfragen stellen können.

Bei der Eröffnung einer Supportanfrage ist der Schweregrad der Störung zu bestimmen. Die Schweregrade werden dabei wie folgt definiert:

Schweregrad 1: Eine Kernfunktion ist nicht verfügbar. Innerhalb der Supportzeiten arbeitet der Support laufend an einer Behelfslösung. Sobald die Kernfunktion wieder verfügbar ist, wird das Problem auf Schweregrad 3 zurückgestuft und eine dauerhafte Lösung entwickelt.

Schweregrad 2: Eine Kernfunktion ist stark beeinträchtigt. Canonical bemüht sich innerhalb der Supportzeiten mit angemessenen Aufwand um eine Behelfslösung. Es wird versucht eine Lösung zu finden, um das Problem auf Schweregrad 3 zurückzustufen, wo dann eine dauerhafte Lösung entwickelt wird.

Schweregrad 3: Normale Supportanfrage. Innerhalb der Supportzeiten wird versucht eine Behelfslösung zu erarbeiten, anschließend beginnen die Support-Techniker mit der Entwicklung einer dauerhaften Lösung.

Schweregrad 4: Probleme ohne Dringlichkeit. Dies sind zum Beispiel Schönheitsfehler, Funktionswünsche, rein informative Anfragen oder Ähnliches. Bei Funktionswünschen wird geprüft, ob es sich dabei um eine Verbesserung von allgemeinen Interesse handelt, die evtl. für eine Aufnahme in eine zukünftige Version in Frage kommt.

Gültigkeit der Abonnements

Die Laufzeit der jeweiligen Abonnements beträgt jeweils 1 Jahr. Die Abos werden dabei pro Server erworben. Auf Anfrage gibt es jedoch auch eine Subskription für virtuelle Maschinen, die in Paketen mit einer höheren Stückzahl erworben werden kann.

Die drei in diesem Artikel genannten Abonnements gelten immer für einen physikalischen Server oder eine VM. Sie können bei Abrüstung eines alten Systems auf ein neues System übertragen werden.

Die Abonnements können über zertifizierte Ubuntu Partner bezogen werden. Von diesen Partnern erhält man ein individuelles Angebot. So können je nach Umfang Projektkonditionen in Erwägung gezogen werden, was den Preis ein wenig sinken lässt. Alternativ können die Abonnements auch über den Canonical Shop 🇬🇧 bestellt werden.

Fazit

In einem Unternehmen bzw. einem Rechenzentrum existieren in der Regel andere Anforderungen, als im privaten Umfeld oder im Hobbybereich. Hier werden oftmals Dienste für eine größere Gruppe von Kunden bereitgestellt, welche für die Nutzung dieser Dienste bezahlen. Dies geht häufig damit einher, dass mit dem Erbringer der Dienste Service-Level vereinbart werden.

Dadurch ist der Dienste-Betreiber in einer Bringschuld. Bei Fehlern und Problemen ist es riskant darauf zu vertrauen, schnelle Hilfe allein durch die Community zu bekommen. Zumal nur wenige Privatmenschen mehrere tausend Euro teure Enterprise-Hardware zuhause stehen haben dürften, um Probleme auf dieser nachstellen zu können.

Vor diesem Hintergrund stellen Support-Subskriptionen eine sinnvolle Ergänzung für das ansonsten frei erhältliche Ubuntu dar.

Die ebenfalls im Abonnement enthaltenen Werkzeuge zur Systemverwaltung helfen eine große Anzahl von Systemen mit wenig Personal verwalten zu können. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass ausschließlich Ubuntu unterstützt wird. Hat man hingegen eine heterogene Linux-Landschaft, ist man mit Alternativen wie Puppet, Chef, Salt oder Ansible besser bedient.

Ich persönlich finde es schade, dass Support und Verwaltungswerkzeuge nicht separat erworben werden können. So muss ich mit einem Abonnement die Verwaltungswerkzeuge mitbezahlen, obwohl ich diese evtl. gar nicht nutzen möchte. Hier sind andere Anbieter wie Red Hat und SUSE besser aufgestellt. Bei diesen ist es möglich reine Support-Subskriptionen zu erwerben.

Über den Autor

Tronde ist seit gut neun Jahren als Benutzer auf ubuntuusers.de unterwegs. Dies ist auch die Zeit, die er privat auf Ubuntu als Betriebssystem setzt. Beruflich hat er Ubuntu Server auch schon mal in einem Unternehmen eingeführt und administriert.


Vielen Dank an Tronde für diesen Artikel!