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Update: Einigung zwischen Canonical und Banshee erzielt

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Eine Diskussion zwischen Canonical und Banshee-Entwicklern endet mit dem Ergebnis, dass ab Ubuntu Natty sowohl der Ubuntu One Music Store, als auch der Amazon-Store per Standard aktiviert sind.

Die Vorgeschichte

Canonical integriert seit Ubuntu Lucid Lynx (10.04) den Ubuntu One Music Store in das Musik-Abspielprogramm Rhythmbox, um damit Umsatz zu generieren. Ab Ubuntu Natty Narwhal, der kommenden Ubuntu-Version, wird Rhythmbox in der Standardinstallation allerdings durch Banshee ersetzt. Der Grund für den Wechsel ist die im Vergleich zu Rhythmbox aktivere Entwicklung, weshalb Banshee inzwischen moderner wirkt und einen Vorsprung gegenüber Rhythmbox erlangt hat.

Das Problem an der ganzen Sache ist aber, dass Banshee bereits eine Musik-Kauf-Erweiterung für den Amazon-Store integriert hat, aus dem das Projekt selber Einnahmen erhält. Canonical machte daher den Banshee-Entwicklern folgende zwei Angebote.

  • Der Amazon-Store wird zwar mitinstalliert, aber deaktiviert ausgeliefert. Aktiviert ein Benutzer den Store manuell und kauft ein, erhält Banshee 100% der Provisionen. Standardmäßig aktiviert wird aber der Ubuntu One Music Store. Diese Einnahmen fließen zu 100% zu Canonical.

  • Außerdem wurde den Entwicklern angeboten, den Amazon-Store ebenfalls standardmäßig zu aktivieren, dabei aber 75% der Provisionen bei Canonical zu behalten und nur 25% den Entwicklern weiterzuleiten. Die Einnahmen aus dem zweiten Store, dem Ubuntu One Music Store, sollten komplett zu Canonical fließen.

Im letzten Ubuntu-Wochenrückblick wurde berichtet, dass sich die Banshee-Entwickler für den ersten der beiden Vorschläge entschieden haben. Der Amazon-Store sollte also deaktiviert werden.

Scheinbar aber war die Diskussion zwischen Canonical und Banshee noch gar nicht abgeschlossen. Banshee-Entwickler Gabriel Burt erklärt in seinem Blog, dass nun eine für beide Parteien gute Lösung getroffen wurde. So werden in Ubuntu 11.04 beide Music-Stores standardmäßig installiert und aktiviert. Banshee erhält 25% der Gewinne aus beiden (!) Stores, Canonical die restlichen 75%.

Die Einnahmen, die Banshee derzeit durch die „Musik-Kauf-Erweiterung“ für den Amazon-Store generiert, belaufen sich auf ca. 10.000 Euro jährlich und werden zu 100% an GNOME weitergeleitet bzw. der GNOME Foundation gespendet.


Wir danken simpson-fan herzlich für die Einsendung dieses Artikels!

Update

Sachlage

Wie es scheint, war die Darstellung im ursprünglichen Artikel nicht ganz zutreffend. Daher sollen im Folgenden die neuen Entwicklungen und Erkenntnise dieser Diskussion dargelegt werden.

Aktuell 🇬🇧 sieht es weiterhin so aus, dass Canonical 25% der Einnahmen weiterleiten, die restlichen 75% allerdings selber behalten würde. Außerdem wären die Banshee-Entwickler sozusagen vor vollendete Tatsachen gestellt worden, da sie nur die Möglichkeit hatten zwischen zwei Optionen auszuwählen - richtige Verhandlungen habe es nie wirklich gegeben.

Mark Shuttleworth 🇬🇧 hat einen Blog-Eintrag veröffentlicht, in dem er ein Fehler einräumt, was die Absprache mit dem Banshee-Team angeht. Er schreibt, Geld sei eine sehr umstrittene Angelegenheit in einer Gemeinschaft, welche sowohl freiwillige (in diesem Fall ist damit vermutlich das Banshee Team gemeint), als auch bezahlte Leistungen (Lies: Canonical) kombiniert. Auch entschuldigt er sich, dass es zu Unklarheiten über das Thema gekommen wäre, da über die Möglichkeit, dass Banshee als Standardmediaplayer unter Ubuntu zum Einsatz kommen könnte öffentlich diskutiert wurde.

Auch rechtfertigt er sich, dass die Kosten, die durch Ubuntu entstehen von jemandem getragen werden müssten - und das sei Canonical, welches Ubuntu allerdings kostenlos anbiete.

Das Geschäftsmodell, das diese Investitionen überhaupt erst erlaube, sei die Aussicht durch kostenpflichtige Zusatzdienste, welche in Zukunft Ubuntu von ihm (also Mark Shuttleworth) unabhängig machen sollen. Dadurch wäre es zwar einerseits möglich, ein solches kostenloses Betriebssystem anzubieten, andererseits seien viele andere Linuxdistributionen kommerziell und kostenpflichtig - mit Einschränkungen ähnlich denen von Microsoft Windows oder MacOS. Diese Anbieter hätten ihren Weg eingeschlagen und Canonical den seinen.

Canonical suche dafür natürlich nach Möglichkeiten, Einnahmen zu erzielen mit Leistungen, die für Ubuntu eingesetzt würden. Natürlich würde man allerdings auch den relevanten Projekten helfen, da sie solche Einnahmen überhaupt erst möglich gemacht hätten.

Man könne sagen Canonicals Position sei, dem Anwender das bestmögliche Erlebnis bei der Benutzung von Ubuntu bieten zu können, man würde auch versuchen, daraus Einkommen zu erzielen, was durch Upstream wieder zumindest zum Teil ausgeglichen würde.

Das wäre allerdings nicht das letzte Wort zu diesem Thema, da man auch in Zukunft die Erschließung weiterer Einkommenquellen erwarten könne, da nur so irgendwann eine Deckung der Kosten Canonicals bei diesem Geschäftsmodell erreicht werden könne.

Reaktionen auf Canonicals Verhalten

Vincent Untz von der GNOME Foundation zeigt sich von dem Verhalten Canonicals in seinem Blog 🇬🇧 schwer enttäuscht: "Canonical, you're breaking my heart: I thought you understood the spirit of Free Software, but you're just another normal company that is first going after money." (in etwa: Canonical, ihr brecht mir das Herz: Ich dachte Ihr würdet den Geist Freier Software verstehen, aber ihr seid doch nur ein weiteres Unternehmen, dem es vor allem um Geld geht). Auch nach der Veröffentlichung des Blogposts Shuttleworths hält die Kritik im OpenSource Umfeld an. So analysiert KDE Entwickler Martin Gräßlin das Verhältnis zwischen Upstream und Downstream 🇩🇪 und sieht in dem Verhalten von Canonical eine große Gefahr für das Unternehmen: „Verscherzt es sich Canonical zu stark mit allen Upstream Projekten, dann stehen sie sehr alleine dar und ob sie dafür Manpower und Kompetenz auf allen Feldern haben, ist mehr als fraglich.“