ubuntuusers.de

Update: Google stellt Videocodec VP8 unter eine quelloffene Lizenz

software.png

Google hat angekündigt, den eigenen Videocodec „VP8“ als quelloffen verfügbar zu machen. Dies gleicht, glaubt man einigen Kommentatoren, einer Revolution im Internet. Im gemeinsamen VP8-Projekt „WebM“ bündeln Google, Mozilla und Opera dazu ihre Kräfte.

Der Internetkonzern Google ließ heute die Bombe platzen und hat, wie erwartet, auf seiner Entwicklerkonferenz I/O 🇬🇧 angekündigt, den Video-Codec VP8 als Open Source Software (kurz OSS) verfügbar zu machen. Fortan ist der Codec unter einer BSD-Lizenz für jedermann frei verfügbar 🇬🇧 . Den VP8-Codec hatte Google mit dem Ankauf der Firma On2 Technologies Mitte Februar erworben.

Seitdem vermuteten und hofften viele Anwender und Blogger, dass Google den VP8-Codec unter eine freie Lizenz stellen würde. Infolge der Übernahme ersuchte die Free Software Foundation (kurz FSF) Google Ende April in einem offenen Brief 🇬🇧 um die Freigabe der Videotechnik und sprach von einer großen Chance, die Abhängigkeit von patentbelasteten Videocodecs wie H.264 und der proprietären Flash-Technik von Adobe im Internet zurückzudrängen. Durch einen solchen Schritt, so die FSF, könnte Google mit Hilfe des Quasi-Standard-Videoportals YouTube den Auseinandersetzungen um den künftigen Standard-Codec für Web-Video mit HTML5 neue Impulse geben – manche sprachen gar von einem Todesstoß in Richtung Flash.

webm-devpreview.png Gemeinsam mit Opera und Mozilla sowie 40 weiteren Firmen arbeitet der Suchmaschinenkonzern an einem neuen Videoformat namens WebM 🇬🇧 . Dieses Projekt stellt ein neues Container-Format dar, welches lizenzfrei ist (BSD-ähnliche Lizenz) und VP8 mit dem Ogg-Vorbis Audio-Format vereint. Für die Nutzung sind, im Gegensatz etwa zu Adobes Flash, keine Plug-ins notwendig, nur ein passender Browser, der den Codec unterstützt.

YouTube & Co.

Auch Googles Videoportal YouTube macht mit: Alle dort gehosteten Videos sollen ab sofort und sukzessive in VP8 codiert werden. Unter Hochdruck werden momentan die meisten vorhandenen Videos mit einer Auflösung von mindestens 720p in das neue Format konvertiert, so Google. Anwender, die diese Videos schon testen und anschauen möchten, müssen an die Video-URL den Parameter &webm=1 hängen. Wie das genau funktioniert, erklärt eine Infoseite 🇬🇧 .

Auch haben fast alle Browserhersteller zugesagt, VP8 zu unterstützen. Bisher haben sich Apple (Safari) und Microsoft (Internet Explorer) nicht zu dem neuen Container-Format geäußert. Anwender, die die WebM-Browser ausprobieren möchten, können sich selbige kompilieren bzw. herunterladen:

Selbst Adobe hat sich vorgenommen 🇬🇧 , WebM bis Ende des Jahres in den Flashplayer zu integrieren, so dass der neue freie Codec flächendeckend in allen Browser integriert ist. Noch ist WebM nicht final – so ist die aktuelle Entwicklungsversion noch nicht optimiert und daher noch nicht sehr ressourcenschonend. Für die Erstellung von Videos im WebM-Format bietet Google unter anderem ein Software Development Kit (kurz SDK) und einen Patch für den FFmpeg-Codec an.

Bis zu diesem Schritt war die Browserwelt in Sachen HTML5 und Video in zwei Lager gespalten: Auf der einen Seite standen Apple, Microsoft und Google, die sich sich für den proprietären Videocodec H.264 einsetzten. Auf der anderen Seite waren im Grunde alle übrigen Browserschmieden, allen voran Mozilla und Opera, für das freie Videoformat Theora. Obwohl der Video-Tag in HTML5 ein einheitlicher Standard im Web sein sollte, bei dem sich der Endanwender keine Sorgen um zu installierende Plug-ins wie Adobes Flashplayer machen sollte, spaltete der Standard die Browserwelt umso mehr.

Hintergrund

H.264/MPEG-4 AVC, dessen Patente vom Unternehmen MPEG LA verwaltet werden, würde für den Endanwender, also den Benutzer des Browsers, keine Lizenzkosten verursachen. Zurzeit müssen auch Software-Anbieter keine Lizenzgebühr zahlen, jedoch könnte der Patenthalter MPEG LA in der Zukunft Gebühren von allen Webseitenbetreibern und Browserherstellern, die den H.264 Codec einsetzen bzw. darstellen, verlangen. Dies passierte zum Beispiel mit dem mit dem Bildformat GIF im Jahr 1999 schon einmal.

Damals war das Format im Internet weit verbreitet, als Unisys, der Patenthalter des LZW-Verfahren, das im GIF-Format eingesetzt wurde, auch von den Herstellern freier Software Patentgebühren verlangte. Den Anbietern von freier Software war es zuvor erlaubt, das GIF-Format gebührenfrei einzusetzen. Im gleichen Atemzug ging das Unternehmen juristisch gegen einzelne Internetseitenbetreiber vor, die GIF-Bilder auf ihrer Webseite anboten, die mit einer nicht lizenzierten Software erstellt wurden.

Das erste Lager hingegen verwies auf die Gefahr von U-Boot-Patenten in Theora hin, was viele Firmen vom freien Codec abschrecken lies. Bei U-Boot-Patenten sind umgangsprachlich Patente, die zu Beginn relativ unbekannt sind und dessen Patentinhaber sich am Anfang nicht bemüht, diese zu verteidigen. Ist ein solches Patent in einem Standard integriert, der sich in ein paar Jahren zudem etabliert hat, so schlägt der Patenthalter zu und verlangt Lizenzgebühren. Die Betroffenen würden aller Voraussicht die Gebühren bezahlen, da es in den meisten Fällen teurer wäre, würde man den weit verbreiteten Standard ersetzen.

Theora basiert auf dem VP3.2-Codec des Unternehmens On2 Technologies, also auf einer Vorgängerversion des VP8-Codecs. Anfang des Jahres hat der Internet-Gigant Google den Videospezialisten On2 Technologies aufgekauft und ist somit Lizenz- und Patenthalter des VP8-Videocodecs.

Update: GStreamer und ffmpeg ziehen nach

Wie Golem.de berichtet, wurde Googles Codec in die neuste Version von GStreamer integriert, sodass das Multimediaframework in der Lage ist, WebM bzw. VP8 wiederzugeben. Für FFmpeg stehen ebenfalls bereits Patches bereit, welche die Wiedergabe und Konvertierung des neuen Formats ermöglichen. Der freie Videoabspieler VLC benutzt Teile von ffmpeg um Videos abzuspielen.

Weiterführende Informationen: