ubuntuusers.de

Update: Weitere Details zum Thema Internet-Zensur

allgemein.png

Seit dem Artikel Aufruf: Petition gegen Internet-Zensur hat sich einiges getan in der Politik, weswegen wir nun die wichtigsten Dinge der letzten Tage zusammenfassen wollen.

Bei der Online-Petition haben sich weit über 130.000 Leute beteiligt und damit wurde die kritische Grenze von minimal 50.000 Unterzeichnern bei weitem übertroffen. Allerdings hat dieser großartige Erfolg in der Politik keinerlei Eindruck hinterlassen und die aktuelle Marschrichtung wurde nicht geändert. Gestern hat der Bundestag das Gesetz für Web-Sperren mit der Mehrheit der großen Koalition verabschiedet.

Das neue Gesetz bemächtigt das Bundeskriminalamt (BKA) Webseiten außerhalb der EU sofort in die Sperrliste aufzunehmen, zudem soll diese Liste nun nicht mehr „arbeitstäglich“, sondern an jedem Wochentag an die Provider übermittelt werden. Die Zugangsanbieter „dürfen“ als Betreiber die Nutzerdaten speichern, wenn sie eine der so genannten Stopp-Seiten aufrufen, müssen diese aber nicht für Strafverfolgungszwecke herausgeben. Das BKA soll dafür aber einmal wöchentlich eine anonymisierte Liste der Zugriffsversuche auf Stopp-Seiten pro Stunde erhalten.

Die Sperrliste soll mindestens einmal pro Quartal von einem „Expertengremium“ anhand von Stichproben überprüft werden. Stellt das fünfköpfige Gremium mehrheitlich dabei fest, dass das Angebot nicht die Voraussetzungen für eine Sperrung erfüllt, wird dieses wieder aus der Sperrliste gestrichen. Das neue Gesetz soll vorerst bis Ende 2012 befristetet werden und könnte schon im Sommer oder Herbst bereits Gültigkeit erlangen. Derweil gibt es nur einen Tag nach Verabschiedung bereits „ernsthafte“ öffentliche Überlegungen einzelner Politiker, die Websperren auf Gewaltspiele auszudehnen.

Neben dem Gesetz für Websperren hat der Bundestag heute ein weiteres Gesetz beschlossen, das die Kompetenzen des Bundesamts für Sicherheit (BSI) erweitert. So darf das BSI künftig alle Nutzerdaten unbegrenzt speichern und automatisiert auswerten, die bei der Kommunikation zwischen Verwaltungseinrichtungen und Bürgern online anfallen. Lediglich Emailadressen sollen dabei unkenntlich gemacht werden, allerdings lässt sich diese Unkenntlichmachung im Bedarfsfall wieder rückgängig machen und soll auch nur die Erstellung von Kommunikationsprofilen verhindern.

Update

Dieses Update ist voll und ganz der CDU mit ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl gewidmet, über das erstmals gestern in der Zeit online berichtet wurde, auch heise online schreibt heute darüber.

Im Bereich Netzsperren hat sich die CDU auf die Fahne geschrieben, dass man diese "weiter vorantreiben" wolle. Zwar wird auch weiterhin nur von Seiten mit kinderpornografischen Inhalt gesprochen, aber es wurde schon häufiger in der Presse über eine Ausweitung auf andere Inhalte nachgedacht.
Komplett neu ist hingegen die Ahndung von Urheberrechtsverletzungen, die man nach der Wahl umsetzen will. So soll nach britischem und französischem Vorbild ein "Three-Strikes"-Modell eingeführt werden, mit dem man Rechtsverletzungen effektiv unterbinden will. So soll der Provider zukünftig "Rechtsverletzer verwarnen und nötigenfalls ihre Zugänge sperren", wenn sie beim illegalen Musik- oder Softwaretausch erwischt wurden.
Explizit als Vorbild soll hier das französische Modell in dem Wahlprogramm der Union genannt werden, welches aber erst vor einigen Wochen von dem Französischen Verfassungsgericht in mehreren Punkten als verfassungswidrig erklärt wurde.

Ausführlichere Quellen: