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GIMP 2.6 veröffentlicht: Wohin des Wegs, junger Wilber?

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Ein gutes Jahr nach dem Erscheinen von GIMP 2.4 und einer knapp siebenmonatigen Entwicklungsphase haben die Entwickler vor wenigen Minuten die Fertigstellung der Version 2.6 verkündet. Höchste Zeit also für einen ersten und einen zweiten Blick auf das, was die Freunde der freien Bildbearbeitung in der kommenden Generation erwarten wird.

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neues Menü

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Das neue Fenster-Menü

Den ersten Eindruck kann man nicht mehr korrigieren, sagt eine Redewendung. Den ansprechenden neuen Splash-Screen beim Programmstart mal übersehend, fällt als markantester Unterschied zur Vorgängerversion vor allen das neue Menü-Konzept ins Auge: Die zum Teil doppelten Menü-Einträge im Bild- und Werkzeugfenster sind einer gebündelten Menü-Steuerung in ersterem gewichen. Darin finden sich neben den "alten Bekannten" auch frische Untermenüs, beispielsweise der Punkt "Ansicht", über den sich mit wenigen Mausbewegungen unter anderem Vergrößerungsstufe, Raster oder Rahmenfarbe konfigurieren lassen.

Auch das neue Fenster-Menü scheint zunächst fremd. Die Betrachtung der einzelnen Menüeinträge gleicht jedoch einem Déjà-vu-Erlebnis: Die Entwickler haben sich vom langjährigen Submenü "Dialoge" verabschiedet, ein bischen mehr Ordnung in die Sektion gebracht und dem Kind einen neuen Namen gegeben.

Die Oberfläche des Werkzeugkastens wurde mit Ausnahme des genannten fehlenden Menüs für die kommende Version nicht auffällig überarbeitet, dafür aber umso mehr die Instrumente im Detail: Das oft scharf kritisierte Textwerkzeug hat, was die Benutzbarkeit angeht, einige Schritte in die richtige Richtung unternommen. So lassen sich Textblöcke im Bild aufziehen und Zeilenumbrüche müssen nicht mehr wie bisher per Hand eingegeben werden, sondern geschehen, sich an der Größe des Feldes orientierend, automatisch.

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Polygon

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Textwerkzeug

Darüber hinaus überzeugt auch das verbesserte Freie-Auswahl-Werkzeug: GIMP-Cowboys können mit ihrem Lasso nun endlich auch Polygon-Auswahlen einfassen, sodass während des Selektierens auch Eckpunkte gesetzt und gerade Linien sowie präzisere Winkel gezeichnet werden können.

Ebenso geht das traditionelle Pinsel-Tool nicht ohne neue Funktionen einher: Unter der Option "Pinseldynamik" können verschiedene Eigenschaften dem Zufall überlassen oder von der Geschwindigkeit der Pinselführung abhängig gemacht werden, was insbesondere für Freestyle-Zeichner ein nettes und nützliches Feature darstellt.

Den Blick wieder auf das Geschehen im Bildfenster richtend, gibt es auch im Bereich der Dialoge nennenswerte Änderungen: Im Farben/Kurven-Dialog findet sich in Zukunft die Möglichkeit, eine Einstellung zu den Favoriten hinzuzufügen, eine sehr sinnvolle Maßnahme der Entwickler, um Feinkorrekturen auf mehrere Bilder anzuwenden. Überdies lassen sich die Kurven fortan eleganter modifizieren, da sie dem Benutzer dank Kantenglättung merklich weicher dargestellt werden.

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Bereiche

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Farbkurven

Das vergangene Jahr haben die GIMP-Programmierer jedoch auch dazu genutzt 🇬🇧, eine Reihe von kleineren Funktionen zu integrieren, die sich erst bei einer intensiven Alltagsnutzung bemerkbar machen und dezent viele Arbeitsschritte beschleunigen. Darunter findet sich eine optimierte Status-Leiste, die durch detailliertere Informationen bei der Werkzeug-Benutzung glänzt, so zum Beispiel das Seitenverhältnis einer rechteckigen Auswahl.

Dem früher recht unhandlichen Skalierungs-Tool wurde ein Deckkraftregler hinzugefügt, der für mehr Übersicht bei Größenveränderungen sorgt. Eingefleischten Bildbearbeitern bereits von der Vektorgrafik-Software Inkscape bekannt ist die manuelle Eingabe von Zoom-Werten, welche die vorgefertigen Zoom-Stufen ergänzt.

Nicht zuletzt dürfen sich auch jene Gelegenheitsuser freuen, die ab und an einen Screenshot mit einem Hinweis in Form eines Pfeils versehen, um auf eine Sache auf dem Bildschirm aufmerksam zu machen: Mit der neuen Screenshot-Funktion kann man optional den Mauszeiger als separate Ebene abspeichern und im Anschluss an die gewünschte Stelle verschieben.

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traditionelles Pinsel-Tool

Wichtigstes Thema bei der Entwicklung von GIMP 2.6 war neben den neuen Funktionen vor allem der Fortschritt unter der Haube, oder konkret: die Implementierung der GEGL-Bibliothek 🇬🇧. Mit der Einführung dieser leitet die anstehende stabile Veröffentlichung das Zeitalter der nicht-destruktiven Bildmanipulation ein, bei der das Originalbild unverändert erhalten bleibt, und bildet damit auch die Basis für grundlegende neue Funktionen der folgenden Versionen.

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altes Skalierungs-Tool

GEGL bietet eine höhere Farbgenauigkeit und unterstützt ferner weitere Dateitypen, wie etwa die Rohdatenformate (RAW) digitaler Spiegelreflexkameras. Bislang ist der Einfluss von GEGL noch unscheinbar, über den Menüpunkt "Farben" lässt sich die GEGL-Unterstützung auf Wunsch aktivieren, standardmäßig wird die Berechnung der Farbmodule jedoch noch vom alten GIMP-Kern übernommen.

Führt man sich die Liste der neuen Funktionen vor Augen, erkennt man, dass mit GIMP 2.6 keinesfalls das Rad neu erfunden wurde. Vielmehr wurde es an vielen Stellen gut geschliffen und kleine Schlagstellen ausgebessert, um die täglichen Fahrten für erfahrene Benutzer und Einsteiger noch angenehmer zu gestalten.

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GEGL-Operation

Gleichzeitig ist GIMP 2.6 aber auch als Weichenstellung für viele wichtige Features zu verstehen, die man nicht heute, sondern morgen erwarten kann. Für 16-Bit-Farbtiefe, native CMYK-Unterstützung oder die oft vermisste Ebenen-Gruppierungs-Funktion muss man sich also weiter gedulden und hoffen, dass man diese im nächsten Jahr im Changelog von GIMP 2.8 entdecken kann.

Der Quelltext von GIMP 2.6 wartet ab sofort im Download-Bereich 🇬🇧 der Projektseite darauf, heruntergeladen zu werden. Zuvor lohnt sich ein Blick in die Release Notes 🇬🇧, um einen detaillierteren Überblick über alle neuen Funktionen zu gewinnen. Auch ein Binärpaket für Ubuntu Hardy Heron steht mittlerweile bei Getdeb.net 🇬🇧 zur Verfügung, hierzu sei mit Nachdruck auf die Risiken von Fremdquellen hingewiesen.

Quelle: Was ist neu in GIMP 2.6? von Bernhard Stockmann


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