ubuntuusers.de

Kunststudenten migrieren nach GNU/Linux

Der Betrieb von Ubuntu auf einer PowerPC-Architektur ist selbst im privaten Bereich noch keine Selbstverständlichkeit. In unserem Forum sind solche Beiträge noch recht selten. Im produktiven Bereich ist ein Wechsel von Mac OS X zu Ubuntu praktisch undenkbar. Dass es trotzdem geht, zeigt Gurdy Leete, ein Professor aus dem Fachbereich für Kunst und Design an der Maharishi Universität für Management in Fairfield, Iowa (USA). Leete hat den Wechsel bereits mit Hoary geprobt und hat Erfahrungen bei der Migration zu Breezy sammeln können.
Beim vorliegenden Bericht handelt es sich um eine Übersetzung des NewsForge Artikels "Switching art students to GNU/Linux", um das Verständnis zu erleichtern.

Kunststudenten nach GNU/Linux hin migrieren

Ich bin ein Kunstprofessor, und im letzten Semester habe ich mich auf ein spannendes Abenteuer eingelassen, indem ich fast alle vorhandenen Mac OS X-Installationen unserer Mac-Geräte im Medienlabor gelöscht habe, um diese durch Ubuntu zu ersetzen.

Ich hatte die Planungen zu diesem ernsten Schritt im letzten Jahr begonnen als ich begriffen habe, dass die vielfältigen Möglichkeiten der aktuellen freien Programme die technischen Anforderungen meiner Studenten vollständig erfüllen könnten. Ich hatte entschieden, dass es an der Zeit war, wo ich meine Kunststudenten noch vor ihrem ersten akademischem Abschluss etwas über freie Software- anwendungen wie GIMP, Scribus und Quanta Plus anstelle von proprietären Anwendungen wie Photoshop, QuarkXpress und Dreamweaver lehren musste.

Die Wahl der Distribution und Anwendungen

Mein erster Schritt war die Auswahl einer GNU/Linux Distribution. Ich benötigte etwas, das in einem Unterrichtsraum voller Studenten den wirklichen und alltäglichen Aufgaben gerecht werden würde.

Für einen guten Einstiegspunkt hatte ich die Liste der Distributionen für die PowerPC Architektur von Penguinppc.org gehalten. Nach einer kurzen Recherche hatte ich Ubuntu gewählt, weil ich die Distribution auf meinem Heimrechner als einfach zu installieren und upzudaten empfunden habe, und weil diese bereits eine breite Ubuntu PowerPC Benutzer- gemeinschaft, welche Unterstüzung über das Internet in Form von Diskussionsforen leisten könnte, anbietet.

Der nächste Schritt war, herauszufinden welche Applikationen ich nutzen würde. Als Ersatz für Photoshop und Painter bei der Erstellung von digitalen Zeichnungen und Bildbearbeitung war GIMP die nahe liegende Wahl. Krita bringt auch einige interessante Möglichkeiten bei der Erstellung von Zeichnungen mit, und im nächsten Jahr denke ich, dass ich den Umgang mit dieser Anwendung ebenfalls vermitteln werde.

Bei der Auswahl einer Anwendung, welche als Ersatz für FreeHand als Tool für Vektorgrafiken fungieren soll, sind Skencil, Inkscape, Sodipodi und OpenOffice.org's Draw in die engere Auswahl gekommen. Ich wählte Inkscape, weil ich die Benutzeroberfläche und die Fähigkeit, Kacheln zu duplizieren besonders mochte. Als ein weiterer Vorteil befinden sich im Hilfe-Menü Anleitungen, welche sowohl knapp und präzise als auch nützlich und inspirierend sind.

Als Ersatz für ein Desktop-Publishing-Programm wie QuarkXpress hatte ich Scribus und Passepartout in Betracht gezogen. Scribus schien in einem ausgereifteren Entwicklungsstand zu sein, und so schien das auch die bessere Wahl zu sein. Zu dieser Zeit hatte ich Cenon übersehen, ich habe dieses Programm seitdem auch nicht wirklich näher untersucht, weil Scribus gut funktionierte.

Um Dreamweaver zu ersetzen, habe ich die Merkmale und Besonderheiten von Bluefish, Nvu und Screem geprüft, aber ich habe Quanta Plus vorgezogen, weil ich die Benutzer- oberfläche und die Möglichkeiten des Projektmanagements mochte.

Um Schriftarten zu gestalten, schien FontForge die einzige echte Alternative zu Fontographer oder FontLab Studio zu sein. FontForge ist eine hervorragende Anwendung, welche durch Fontographer inspiriert wurde.

Die Reaktionen der Studenten

Die Reaktionen der Studenten zu dem Ganzen waren begeisternd. Sie fühlten sich aufgrund der Qualität der Software und der Möglichkeiten, diese zu aktualisieren, zu verteilen und individuell anzupassen, bestärkt und bereichert.

Den für sie frei zugänglichen riesigen Bereich an zusätzlich vorhandener GNU/Linux Multimedia-Software schätzten sie ebenfalls sehr. Und ich fand es beeindruckend, wie viele der Studenten die Vorteile anderer Applikationen begeistert für sich entdeckt haben - und zwar nicht alleine durch die Installation von Applikationen über Synaptic aus den vorhandenen Ubuntu-Quellen mit mehr als 16.000 Paketen, sondern in manchen Fällen auch indem sie Sourcecode aus anderen Quellen kompiliert haben.

Kurz vor Beginn eines Lehrgangs habe ich eine Veranstaltung für eine Installationsparty vorgesehen, ich war erfreut zu sehen, wie viele Studenten ihre Rechner mitbrachten, um Freie Software zu installieren. Ich habe auch Dutzende von Ubuntu-CDs über shipit.ubuntu.com für meine Studenten bestellt, damit diese auch an ihre Freunde weitergegeben werden konnten, und ich war froh zu sehen, wie schnell diese CDs verschwunden waren. Studenten aus dem ersten Semester fanden es hilfreich, kostenlose Software auf ihre eigenen Rechner zu haben, so dass diese auch nach dem Unterricht einen einfachen Zugang zur Software haben konnten. Fortgeschrittene Studenten empfanden, dass der Wechsel zu Freier Software ihnen mehr Befähigungen und mehr Freiheit gebracht hatte.

Als die Studenten fragten, ob sie die in der Wirtschaft eingesetzten Standard- anwendungen, welche sie benötigen um ein Job zu erhalten, auch vermittelt bekommen, habe ich unterstrichen, dass Studenten aus dem 4. Studienjahr unseres Fachbereiches ein Semester lang damit verbracht haben, ihre Mappen mit der Software ihrer Wahl zu erstellen. Es zeigte sich dabei, dass sobald sie den Umgang mit den freien Anwendungen gelernt haben, keine Schwierigkeiten hatten sich Fachkenntnisse der proprietären Gegenstücke anzueignen, falls sie diese bei der Erstellung der Mappen einzusetzen wünschten. Die erste Gruppe meiner Studenten, die zu GNU/LINUX migriert sind, starten ihr Semester zu Erstellung der Mappen jetzt und ich erwarte, dass ihnen dies auch überaus gut gelingen wird.

Ich fand, dass Photoshop und die anderen proprietäre Software-Pakete, welche wir über Jahre hinweg benutzten, im allgemeinen bessere und „poliertere“ Oberflächen und eben über mehr und erweiterte Möglichkeiten als die freie Software, welche wir ausgewählten hatten, verfügten. Aber die Freie Software hatte mehr als genug von den Kernkompetenzen, welche wir in meinen Gruppen benötigten, und verfügte öfters sogar über in der proprietären Software fehlende, jedoch wünschenswerte Möglichkeiten.

Der Wechsel hat Tausende von Dollar für Software-Upgrades gespart. Als Ergebnis war ich der Lage, die Kosten für jede Gruppe drastisch zu minimieren. Dieser Schritt der Umstellung erforderte, dass sich die Studenten um die Anschaffung zusätzlicher Bücher kümmerten. Diese Bücher haben die Gruppe um weitere Erfahrungen bereichert, und bis jetzt waren die Gesamtkosten für jeden Studenten deutlich niedriger als vorher, was die Studenten selbst sehr geschätzt haben.

Technische Herausforderungen

Wir begegneten einigen technischen Herausforderungen, und ich war erleichtert, dass wir in der Lagen gewesen sind, hierfür auch praktikable Abhilfen und Lösungen zu finden. Der technische Support, welchen wir aus den Supportforen von Ubuntu erhielten, war großartig.

Durch die Benutzung des Ubuntu-Installers und des Synaptic-Paketverwaltungtools war die Installation von Software einfach. Die Anbindung der Rechner an das Campusnetzwerk über das Tool zur Konfiguration der Netzwerkeinstellungen von GNOME war ebenso leicht.

Ich fragte mich, was ich anstelle von AppleTalk verwenden würde, um Dateien zwischen den Rechner zu tauschen, und ich fragte mich auch, wie ich es ansonsten in Kürze anstellen würde, AppleTalk unter Ubuntu lauffähig zu bekommen. Dann erkannte ich, dass FTP oder SSH ebenso gut funktionieren würden. Über Synaptic hatte ich den Konqueror zusammen mit dem OpenSSH-Client und -Server installiert. Die schöne Oberfläche von Konqueror nutze ich dazu, Dateien über SSH zu tauschen, wobei ich hierzu einfach den Befehl fish:// und die Netzwerkadresse in die Adressleiste von Konqueror eingegeben habe.

Während der ersten Unterrichtswochen wurde die Netzwerkverbindung auf manchen Rechner plötzlich getrennt. Wir haben uns damit geholfen, dass wir die Ethernetverbindung an dem betreffenden Rechner in dem Fenster der Netzwerkkonfiguration getrennt haben, das Fenster schlossen und das Fenster wieder öffneten und die Verbindung wieder reaktivierten - aber das war doch recht nervig. Dann wurde Breezy Badger freigegeben, welchen wir an einem Wochenende installiert haben, wobei wir zuvor die Homeverzeichnisse der Studenten gesichert hatten. Währenddessen hatte jemand vorgeschlagen, dass wir den Hub des Unterrichtsraumes herunterfahren und neustarten sollen, weil der Hub blockierte. Ich bin mir nicht sicher ob dieser Aktion das Allheilmittel gewesen ist, aber danach hatten wir nie wieder ein Netzwerkproblem.

Zuvor hatte die Taste zum Auswurf der CD/DVD auf der Mac-Tastatur nicht funktioniert und wir mussten andere Methoden nutzen um dies zu erreichen, aber dieser Umstand verschwand ebenfalls nachdem wir Breezy Badger installierten.

Um unsere alten Wacom Tablets zur Zusammenarbeit mit GIMP zu bewegen, mussten wir die xorg.conf an jedem Rechner händisch editieren und dann Änderungen über "Datei-Einstellungen-Eingabegeräte" im Dialogfenster "Erweiterte Eingabegeräte konfigurieren" durchführen, aber dieser Schritt ist in den Ubuntu-Foren ziemlich gut dokumentiert gewesen. Anschließend funktionierten die graphischen Tablets wunderbar und meine Studenten genossen die gute Unterstützung der Druck- empfindlichkeit.

Nach der Prüfung einer Liste mit unter Linux unterstützten USB-Scannern fand ich heraus, dass unser Scanner nicht unterstützt wurden. An einem unbenutzten Rechner blieb Mac OS X installiert, wo wir auch den alten Scanner angehängten und alle unsere Scanvorgänge durchgeführten. Die Dateien haben wir über FTP übertragen. Einen guten Scanner kann man schon für unter 100 $ beziehen, so dass wir uns im nächsten Jahr einen Scanner, welcher sowohl Linux als auch Mac OS X unterstützt, kaufen werden.

Nachdem wir www.linuxprinting.org überprüft hatten, fanden wir heraus, dass unsere über USB angeschlossenen Tintenstrahldrucker sehr gut durch Linuxtreiber unterstützt wurden. Wir schlossen diese an den entsprechenden USB-Port jeden Rechners, von dem wir drucken wollten an und insgesamt funktionierten diese ohne jedwede Probleme.

Unsere schwarz/weiß- und Farblaserdrucker sind über AppleTalk vernetzt, so dass wir unsere Dateien auf dem Mac OS X Rechner übertragen, um von dort aus zu drucken. Im nächsten Jahr werde ich nach einer Methode suchen, diese direkt von unseren Ubuntu Rechnern aus anzusprechen, aber der bisherige Ansatz hat auch gut funktioniert.

Zukunftspläne und Empfehlungen

Der Wechsel zu Freier Software war in unserem Fachbereich für Kunst und Design an der Maharishi Universität für Management in Fairfield, Iowa ein großer Erfolg. In diesem Semester plane ich, die Migration auf meine Video Unterrichtsräume auszuweiten, indem ich Avid DV Express, Final Cut Express HD, Soundtrack, und iDVD mit Kino, Cinelerra, Rosegarden und DVDstyler ersetze.

Im nächsten Jahr plane ich, Maya mit Blender zu ersetzen, und vielleicht eine Kombination aus Synfig, OpenLaszlo, oder Ktoon für Flash einzusetzen.

Wenn Sie über einen vergleichbaren Wechsel nachdenken, dann ermutige ich Sie, damit voranzuschreiten. Denken Sie darüber nach, welche Distribution am besten Ihren Anforderungen entspricht und wählen Sie Ihre Applikationen mit Sorgfalt.

Wenn Sie die Rechner mit anderen Gruppen teilen müssen, welche eben GNU/Linux nicht einsetzen, dann können Sie GNU/Linux ohne jedwede Zweifel auf diese Maschinen installieren und das Ganze in einer dual-boot Umgebung mit Windows oder Mac OS X betreiben. Mit Ubuntu auf dem Mac habe ich diese Unternehmung als leicht umzusetzen empfunden.

Artikel bei NewsForge
private Seite
Maharishi University of Management