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Wohin der kühne Reiher fliegt

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Wie nach jeder Ubuntu-Veröffentlichung fand auch dieses Mal vom 29. Oktober bis zum 2. November ein Ubuntu Developer Summit (UDS) statt, um die Ausrichtung für die nächste Ubuntu-Version festzulegen. Die Ubuntu-Entwickler trafen sich dazu in Boston/Massachusetts am MIT und alle Augen waren auf sie gerichtet, denn es wurde sich für die nächste LTS-Version Ubuntu 8.04 "Hardy Heron" viel vorgenommen en.

Gobuntu
Gobuntu ist eine Ubuntu-Variante, die komplett auf proprietäre Komponenten verzichten soll. Dieser Umstand sorgte bei der ersten Version 7.10 auch für Verwirrung, denn als Standard wird der Browser Firefox installiert, dessen Icons nicht frei sind. Daher soll in Version 8.04 auf den freien Browser Epiphany umgestellt werden. Da einige Firmware-Module auch nicht frei sind, sollen die Nicht-Kernelkomponenten in die Sektion "restricted" verschoben werden und für die im Kernel integrierten soll es einen eigenen Kernel geben.

Ubuntu Mobile
Das Ubuntu Mobile-Team sucht Entwickler und Benutzer rund um die neue Distribution, die demnächst auf diversen Mobilgeräten eingesetzt werden soll. So will man von Nokias Fehler mit der Maemo-Plattform lernen, die beispielsweise den Support für ältere Geräte nicht hätten einstellen sollen. Weiter soll es eine eigene Webpräsenz geben, die mit den vorhandenen Seiten (The Fridge, Planet, Wiki) zusammenarbeitet. Benutzer sollen dort auch Anwendungen hochladen können, die sie geschrieben haben.

Edubuntu und Intels ClassmatePC
Oliver Grawert hat bereits gezeigt, dass Ubuntu 7.10 auf Intels ClassmatePC läuft. Neben diesem Proof-Of-Concept will man eine Spezifikation erstellen, wie man Ubuntu für den preiswerten Laptop vor allem bei Intel und Verkäufern schmackhaft machen kann. Am Ende soll der ClassmatePC vollständig von Ubuntu 8.04 und Intel unterstützt werden.
Beim Einsatz von Edubuntu sind meist sehr viele Geräte und Benutzer involviert. In Zukunft soll die Verwaltung hiervon vereinfacht werden, vor allem GNOMEs Sabayon und Pessulus sollen dabei helfen. Für Lehrer soll das Programm italc integriert werden, was aber noch einige an Arbeit erfordert, bevor es als Standard installiert werden kann.
Zusätzlich will man dafür sorgen, dass man mehr Feedback von Lehrern und Benutzern der Edubuntu-Distribution erhält, um die Version noch weiter verbessern zu können.

Neues Paketmanagement
Auch wenn die Idee noch in den Kinderschuhen steckt, soll man mit PackageKit distributionsübergreifend Software installieren können, unabhängig vom darunterliegenden Paketformat. Dies würde vor allem bei den deb- und rpm-Komplikationen helfen, die vor allem für Anfänger noch sehr verwirrend sein können.
Eine zweite Entscheidung betraf ThirdPartyApt, mit dem verhindert werden soll, dass es zig Installationsskripte gibt, die meist an der Paketverwaltung vorbei installieren.

Aussehen und Gestaltung
Für Hardy soll das Design komplett umgestellt werden. Zum einen will man weg von den Brauntönen und dafür mehr Orange/Schwarz-Komponenten nutzen, um auch die Mobile und Desktop-Themen besser aufeinander abszustimmen. Zum anderen will man die aktuellen Tango-Icons nicht mehr nutzen, sich aber dennoch an die Tango-Palette und -Richtlinien halten. Für Kubuntu ist angedacht, die neuen Oxygen-Icons aus KDE 4 zu benutzen, auch wenn in Hardy noch KDE 3.5 zum Einsatz kommt.

Automatix
Automatix war in der Vergangenheit ein großer Kritikpunkt. So hat sich das Automatix-Team aber im letzten Monat auf der Entwickler-Mailingliste gemeldet und auf dem UDS wurde beschlossen, dass die beiden Teams enger zusammenarbeiten sollen. So wird eine Checkliste erstellt, welche Anwendungen von Automatix installiert werden und ob man diese vielleicht in die Ubuntu-Paketquellen integrieren kann.

Wine
Benutzer, die auf Windows-Anwendungen angewiesen sind, kommen meist nicht um ein Zweit-OS oder eben Wine herum. Für diese soll Wine besser in Ubuntu integriert werden. Einer Installation per Standard wurde zwar nicht zugestimmt, aber man will zumindest die Installation vereinfachen, ähnlich der Codec-Installation. So wäre es auch möglich, MSI- und EXE-Dateien per Doppelklick ausführen zu können oder per Wine installierte Software unter dem Hinzufügen/Entfernen-Dialog aufzulisten.

Verbesserung des Hinzufügen/Entfernen-Dialog
Da wir gerade beim Thema waren, auch der Dialog zum Hinzufügen und Entfernen von Programmen soll verbessert bzw. erweitert werden. So ist eine eigene Webseite geplant, auf der eine Art Softwarekatalog aufgebaut werden soll, in dem Links zu Reviews, Übersetzungen, Screenshots, Screencasts und mehr gelistet werden sollen. Der Katalog könnte dann ähnlich wie die Wine Appdb-Seite aussehen.

Abmeldedialog
Der Abmeldedialog soll etwas entschlackt werden, da dies in der Vergangenheit ein großer Kritikpunkt war. Die aktuell sieben Optionen, die man dort sieht, verwirren nur und so sollen z.B. die Neustart- und Herunterfahren-Optionen entfernt werden, die Sitzung wird dann automatisch beim Beenden gespeichert. Es ist noch unklar, ob noch mehr Optionen verschwinden oder zusammengefasst werden sollen.

PPP per NetWorkManager
Der NetworkManager, den viele für die Einwahl per WLAN-Karte nutzen, soll in der kommenden Version 0.7 auch PPP benutzen, welches z.B. bei DSL-Modems zum Einsatz kommt. Zusätzlich soll die Unterstützung für ISDN-Karten und WinModems weiter ausgebaut werden, so dass man eine größtmögliche Kompatibilität erreicht.

File-Sharing leicht gemacht
Das Austauschen von Dateien zwischen zwei Ubuntu-Rechnern oder einem gemischten Verbund ist immer noch nicht so einfach, wie es sein könnte. Es gibt hier zwei Fallunterscheidungen: Einmal die temporäre Freigabe von Dateien, z.B. auf einem Meeting, zum anderen das permanente Austauschen von Daten. Der erste Fall kann durch die Programme Telepathy und Empathy erledigt werden, wird aber sehr wahrscheinlich nicht mehr Einzug in Ubuntu 8.04 finden. Der zweite Fall betrifft meist die Installation von Samba, die vereinfacht werden soll.

PolicyKit
Mit PolicyKit, welches von Red Hat für Fedora 8 entwickelt wurde, soll die Sicherheit unter Hardy en verbessert werden. Aktuell erhält ein Programm komplette Root-Rechte, wenn es diese benötigt. In Zukunft sollen die Programmierer einzelne Funktionen auslagern können, so dass nur diese mit erweiterten Rechten starten und nicht die ganze Anwendung. Vor allem für Systemadministratoren kann dies hilfreich sein, da man so nicht ganze Programme freigeben muss, sondern die Rechte auf eine bestimmte Aktion einschränken kann.

Verbesserungen an Tracker
Tracker wird seit Ubuntu 7.10 für die Desktop-Suche benutzt, muss aber noch weiter verbessert werden. Zusätzlich will man auch das Filemonitoring auf Kernelbasis mit Tracker realisieren. Als grobes Ziel ist angepeilt, auch den veralteten updatedb-Mechanismus zu ersetzen.

Weitere Entscheidungen
Neue Ubuntu-Benutzer sollen bei der Installation sofort auf die Seiten Ihres LoCo-Teams geleitet werden, damit sie leichter einen Ansprechpartner bei Probleme finden.
Die Zusammenarbeit der Ubuntu-Entwickler mit den Upstream-Entwicklern (z.B. GNOME oder KDE, aber auch kleinere Projekte) soll verbessert werden. Kritik soll daher nicht öffentlich gehandhabt werden und vor allem mit dem Debian-Projekt möchte man enger zusammenarbeiten.
Die Multi-Monitor-Konfiguration soll in Hardy durch DisplayConfigGTK ziemlich leicht von der Hand gehen. Eine Einrichtung des Zweitmonitors bedarf dann nur noch weniger Klicks en.
Auch um die Entwickler soll sich in Zukunft besser gekümmert werden. Vor allem das BurnOut-Syndrom en, welches oft bei freiwilligen Projekten auftritt, in die man viel Zeit investiert, will man verhindern und denen helfen, die davon betroffen sind oder sein könnten.
Im englischsprachigen Forum sollen die MOTUs (Paketverwalter für die Sektion "Universe") in einem eigenen Subforum den Benutzern helfen, eigenständig Pakete zu erstellen. Zum einen soll so sichergestellt werden, dass die privat angebotenen Pakete nicht gefährlich sind oder zu Konflikten führen und zusätzlich kann man so etwas für die Positionen als MOTU en werben.
Für Ubuntu 7.10 war es schon angedacht, dass der Windows-Installer Wubi integriert wird, einige Bugs haben dies aber verhindert. Die Probleme sollen nun gelöst werden, so dass man das Programm vielleicht mit Hardy anbieten kann.
Die Arbeit des Screencast-Teams soll weiter ausgebaut werden, so könnte man die Videos auf die Ubuntu-CD integrieren und über Yelp im Totem-Player abspielen.
Als Kernel ist Version 2.6.24 angepeilt, der Ende letzten Monats als Release Candiate erschienen ist.

Fazit
Alles in allem soll Hardy Heron aufgrund des Long Term Support eine sehr stabile Version werden. Die Übersetzung "Robuster Reiher" ist dann vielleicht gar nicht mal so verkehrt. Es wird sicher auch einige neue oder verbesserte Funktionen geben, aber primär soll Stabilität gewährleistet werden.

Weitere Quellen: The Fridge [1], [2], [3], [4], [5], [6] en

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