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Spielend programmieren: Interview mit Horst Jens

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Horst Jens brachte vor kurzem ein neues Open-Source-Magazin namens RIS-Journal unter einer freien Lizenz heraus. Ein Gespräch über seine Intention, Lizenzen, Spenden und Open Source in Schulen.

Es gibt verschiedene Ansätze, wie man Programmieren lernt: Entweder durch langjährige, berufliche Erfahrung, durch ein „Lerne Programmieren in 21 Tagen“ oder durch praktische Übungen. Horst Jens versucht den spielerischen Ansatz.

Über die Person

Horst Jens ist Gründer und Kursleiter von spielend-programmieren.at. Er bietet dort vor allem für Schüler Kurse an, um über Spiele in die Programmierung einzuführen. Hierfür setzt er auf Linux und Open Source in seinen Kursen.

Über das Magazin

Mitte Januar veröffentlichte Horst Jens die erste Ausgabe des RIS-Journal. RIS steht für „Remix, Improve, Share“ und das Magazin enthält Themen rund um Open Source, Linux und natürlich Programmierung. Das Magazin selbst wird als PDF, EPUB und Online veröffentlicht.

Da die Inhalte im Magazin alle unter einer Creative-Commons-Lizenz stehen, können sie für eigene Projekte oder Blogs verwendet werden.

Im Interview

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Titelseite des RIS-Journals

Hallo Horst, erzähle doch etwas über Dich und was Du beruflich machst?

Ich heiße Horst Jens und lebe in Wien. Ich bin Einzelunternehmer (selbstständig) und bringe Kindern und Jugendlichen mit meiner Firma spielend-programmieren.at bei, wie sie ihre eigenen (Open-Source-)Spiele erstellen und publizieren,

Du hast kürzlich ein Open-Source-Magazin herausgebracht. Was war die Idee dafür?

Die Idee für das RIS-Journal hatte ich, nachdem ich mit den üblichen Marketing-Methoden (Inserate, Google Adwords, Plakate, Flyer, Messestände etc.) unzufrieden war. Ich besuche öfter Schulen, um dort Workshops anzubieten, und es ging mir auf die Nerven, die Direktion um Erlaubnis fragen zu müssen, ob ich in der Schule meine Plakate aufhängen darf.

Jetzt habe ich eine Zeitschrift, die hoffentlich einmal so gut sein wird, dass sich die Schulen auf eigene Kosten Exemplare ausdrucken und dadurch Werbung für mich machen.

Eine andere Idee, die ich schon länger hatte, war ein Magazin exklusiv für FLOSS-Spiele zu machen. So wie die Hochglanz-Computerspiele-Magazine, die es jetzt noch gibt und die ich als Jugendlicher gerne gelesen habe. Leider werden dort aus nachvollziehbaren Gründen nur kommerzielle Spiele rezensiert.

Wieso ein eigenes Magazin und keine Teilnahme an bereits bestehenden Projekten wie freiesMagazin?

Ich möchte mein eigenes Projekt machen, so wie ich es mir vorstelle. freiesMagazin imponiert mir wegen der Creative-Commons-Lizenzierung und wegen der verwendeten Technik (Querformat, veröffentlichte LaTeX-Vorlagen). Es hat aber eine etwas andere Zielgruppe und Blattlinie als ich. Das RIS-Journal soll beispielsweise auch für eine (noch) nicht sehr technik-affine Deutschlehrerin interessant sein.

Wie lange hast Du an der ersten Ausgabe gearbeitet?

Wirklich intensiv gearbeitet habe ich eine Woche in den Weihnachtsferien 2012/13 und dann circa zwei Wochen lang in den Weihnachtsferien 2013/14. Insgesamt also drei Wochen, dazwischen lag aber ein Jahr Pause.

Gibt es Gründe für die Pause?

Ich habe ein anderes Projekt verfolgt, welches sehr zeitaufwändig war, mittlerweile aber abgeschlossen ist.

Haben noch andere Menschen an dem Magazin mitgewirkt?

Ja, inklusive mir selbst haben 18 Autoren/Interviewpartner für die ersten 20 Artikel gesorgt. Dazu kommen indirekte Helfer, die beispielsweise eine freie Grafik erstellt haben, die ich für ein Bild verwenden konnte, oder die eine Veranstaltung organisieren, die ich in den Kalender schreiben kann etc.

Ich habe zum Teil Artikel übersetzt, die bereits unter Creative Commons BY-SA lizenziert waren. Zum Teil habe ich angefragt, ob ich Artikel unter der CC-Lizenz übersetzen und publizieren darf. Ich habe zwar alle Autoren angeschrieben, aber manchmal gar keine Antwort erhalten – was dank CC-Lizenz aber auch nicht wichtig war.

Nicht alle Originaltexte unterliegen einer freien Lizenz (wenn man die jeweiligen Webseiten besucht). Wie aufwändig war die Einholung der Erlaubnis zu der Veröffentlichung unter einer CC-Lizenz?

E-Mail schreiben und zwei Wochen warten: Also nicht so aufwändig. Aufwändig war es, nur jene Artikel verwenden zu können, für die ich eine Erlaubnis bekam. Tipp: Vorher gar nicht erst mit dem Übersetzen anfangen; das macht nur traurig.

Kam es denn oft vor, dass Du die Erlaubnis nicht erhalten hast?

Dass ich eine Antwort, aber keine Erlaubnis bekam, war eher selten. Häufiger vorgekommen ist, dass ich überhaupt keine Antwort bekommen habe.

Du nutzt bereits die Creative-Commons-Version 4.0? Hat es bestimmte Gründe, wieso Du nicht die bisher am weitesten verbreitetste Version 3.0 nutzt?

Ich will immer das Neueste, Tollste und Beste haben. Version 4 klingt ergo besser als Version 3.

Jedenfalls hört sich das nach einer ganzen Menge an Leuten an. Suchst Du dann überhaupt noch Helfer für künftige Ausgaben?

Ja, ich suche noch Helfer. Wie man sehen kann, könnte ich von Korrekturlesern angefangen über Leute, die Bilder druckfertig machen können, über Interviewpartner/Autoren und Layouter jede Menge Hilfe brauchen. Ich zahle allerdings nichts. ☹

Bist Du mit der ersten Ausgabe voll zufrieden oder gibt es noch Verbesserungen aus Deiner Sicht?

Ich bin nicht zufrieden damit, z.B. muss ich mehrmals jeden Artikel Korrekturlesen und finde trotzdem immer noch Fehler. Allerdings nutzt es mir nichts, noch ein Jahr herumzutrödeln. Besser ich veröffentliche öfter und lerne aus meinen Fehlern für die nächste Ausgabe.

Also ganz im Sinne der Open-Source-Mentalität Release early, release often. Wie bist Du denn überhaupt auf die vielen interessanten Menschen gestoßen, die Dir ein Interview gegeben haben?

Ich lese sehr viele Blogs und interessiere mich beruflich für alles, was mit Unterrichten/Spielen programmieren und Freier Software zu tun hat. Außerdem gibt es in Wien eine kleine, aber aktive Spiele-Entwickler-Szene, die Dank den Veranstaltungen und Vorträgen des SUBOTRON-Shops gut vernetzt ist.

Viele Texte sind Übersetzungen. Wie aufwändig war dies im Gegensatz zum Abdruck des englischen Originals?

Aufwändiger! Aber ich brauche die Zeitschrift, um Schüler und Lehrer für meine Angebote zu interessieren. Da ist es meiner Ansicht nach besser, ich mache die Texte so einfach konsumierbar wie möglich. Daneben glaube ich, viele (amerikanische) Autoren hätten mir die Erlaubnis zum Publizieren unter CC-BY-SA auf Englisch nicht gegeben, aus Angst, sie könnten Geld verlieren. Da sie am deutschsprachigen Markt sowie nichts verdienen, waren sie bei einer Übersetzung mit der Erteilung der Erlaubnis großzügiger.

Du weist ein paarmal auf Spenden in dem Journal hin. Wenn keine oder nicht genug Spenden eingehen, würdest Du das Journal nicht mehr anfertigen und herausbringen?

Nein, ich würde es trotzdem herausbringen. Ich möchte Werbung für meine Dienstleistungen machen und außerdem den Open-Source-Gedanken in die öffentlichen Schulen pumpen. Ich sehe nicht, wer das sonst macht. Ich würde aufhören, wenn ich nach ein paar Ausgaben keinerlei Feedback bekomme und merke, dass sich niemand für das RIS-Journal interessiert.

Die Spendenadressen sollen es den Leuten, die das wollen, erleichtern mir Geld zukommen zu lassen. Außerdem biete ich jedem Autor an, eigene Spendenadressen unter seinem Artikel zu veröffentlichen.

Hast Du schon Rückmeldungen, ob Du mit dem Journal Schüler erreicht hast?

Ich habe letzte Woche den Scratch-Artikel in einer Schule erfolgreich in einem Workshop eingesetzt. Ob die Schüler freiwillig auf die Idee gekommen wären, den Artikel zu lesen und Scratch zu lernen, kann ich nicht sagen. Zumindest waren sie nicht abgeneigt und haben die Pause durchgearbeitet.

Ansonsten habe ich noch sehr wenig Leserfeedback bekommen. Ich hoffe auf junge Autoren, die eigene Artikel im RIS-Journal publizieren wollen und dann das RIS-Journal im Freundeskreis bekannt machen.

Das Magazin hast Du mit LaTeX erstellt? Wieso kein DTP-Programm wie Scribus?

Das frage ich mich mittlerweile auch. ☺ Die Idee ist, dass es mit Pandoc ein Tool gibt, welches bequem aus LaTeX verschiedene andere Formate erstellen kann (z.B. EPUB, HTML etc.). Außerdem wollte ich mich immer schon mit LaTeX befassen und die Zeitschrift war ein schöner Vorwand. Vielleicht mache ich die nächste Ausgabe mit Scribus.

Dann wünschen wir Dir viel Erfolg mit dem Magazin und Deiner Firma. Vielen Dank für das Interview!